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Heute verkoste ich einen Whisky aus der Caol Ila Brennerei auf Islay. Dieser wurde vom unabhängigen Abfüller Gordon & Macphail im Jahr 1995 mit 40% abgefüllt und 1966 destilliert. Es gibt hiervon sowohl die Ausgabe als 70cl-Flasche als auch 5cl Miniaturen, von welchen ich eine verkoste. Nun sind Whisky aus den 60ern und 70ern an sich schon etwas Selteneres, hier kommt aber ein weiterer Umstand hinzu: 1966 hatte die Brennerei noch eigene Floor Maltings auf dem Gelände und besaß lediglich 2 statt der heutigen 6 Brennblasen, war also deutlich kleiner und der Charakter war ein etwas schwerer, näher an dem Stil der Südküsten-Brennereien. 1972 wurde die Brennerei fast komplett abgerissen und bis 1974 neu gebaut. Lediglich das Warehouse am Pier ist ein Überbleibsel der alten Brennerei, und auch dieses wird im Zuge der Investitionspläne Diageos umgebaut, die Genehmigung wurde im Frühjahr 2019 erteilt.

Aber genug zur Geschichte, kommen wir zum Whisky:

Der satte, dunkle Bernsteinton und die tolle Nase laden zum Verkosten ein

Nase:

Direkt nach dem Einschenken etwas unruhig, aber es blitzt sofort etwas Seeluft und Apfel auf, vermengt in dicken Sherryaromen. Nach etwa 30 Minuten im Glas öffnet sich der Whisky deutlich. Kirschmarmelade, Rosinen, ein alter Ledersessel. Ein Tannenwald, Edelbitterschokolade, etwas Pfefferminze und Menthol. Ein frisch aufgebrühter Mokka. Wieder Äpfel, nicht die spritzigen grünen, eher überreife, süße rote Äpfel. Aprikosenmarmelade, ein heller Blütenhonig. Rauch ist auch da, aber sehr, sehr hintergründig, man muss ihn fast suchen, subtil und aschig. Nach fast einer Stunde ist der Malt noch dunkelfruchtiger mit Brombeeren, gebackenen und Zimt bestreuten Pflaumen.  Diese Nase hat mich wirklich lange in Ihren Bann gezogen, am liebsten hätte ich ewig weiter daran gerochen.

Mund:

Zunächst ein leicht bitterer Antritt, wie von Espresso und Schokolade mit hohem Kakaogehalt. Dann kommt sofort die Frucht, dunkle Beeren, Aprikose. Met mit Orangenscheiben. Rauch ist kaum da, eine leichte Aschigkeit ist im Mund zu spüren. Eine wirklich außergewöhnliche Balance der Aromen – einen Negativpunkt gibt aber: Die 40% machen das Geschmackserlebnis etwas dünn

Finish:

Mittellang, sehr süß, hier kaum Bitterkeit. Getrocknete Feigen und Rosinen dominieren.

Fazit:

Ein außergewöhnlicher, sehr guter Caol Ila. Schwerer als die modernen Abfüllungen, blind würde ich ihn wohl nicht sofort als Malt aus dieser Brennerei erkennen. In der Nase absolute Spitzenklasse, der Mund lässt aber doch aufgrund der 40% nach. Ansonsten wäre das vermutlich ein absoluter Spitzenwhisky.

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