Heutzutage ist der deutsche Whisky stark im Kommen. Die aktuelle Brexit-Situation wird dem hierzulande hergestellten Whisky meiner Meinung nach über das erste Halbjahr 2021 (und eventuell darüber hinaus) zusätzliches Gewicht im Markt verleihen. Heute produzieren viele Hersteller in Deutschland erstklassiges Lebenswasser, dass sich hinter dem großen Vorbild aus Schottland nicht verstecken muss!
Dies war allerdings nicht immer so. Noch vor ein paar Jahren gab es wenige Hersteller, die hierzulande großflächig Whisky auf den Markt brachten. Die bayerische Brennerei Slyrs (zu Anfang Lantenhammer) war damals was dies betrifft Pionier und viele assoziierten mit der Nennung deutscher Whiskys die Destillerie am Schliersee. Auch ich persönlich hatte meinen deutschen Erstkontakt mit dem klassichen Slyrs Single Malt Whisky, den ich vor vielen Jahren nach meiner Tour vor Ort zusammen mit meinem Bekannten Matthias im Video verkostet habe. Damals noch unter meinem alten Pseudonym. Das Video von 2015 findet Ihr hier: Slyrs Single Malt Whisky Verkostung – YouTube
Sechs Jahre später…
…war es mal wieder an der Zeit, diesen Slyrs Classic erneut zu verkosten. Denn wie schon eingangs erwähnt, die anderen Hersteller hierzulande schlafen nicht! Wie hat sich der Whisky vom Schliersee die letzten Jahre verändert? Viel Spaß beim Lesen.
Farbe und Aroma des Slyrs Classic
Der Bayer reifte gänzlich in frischen Fässern aus amerikanischer Weisseiche. Das ist bei der Brennerei Standard und wird pauschal immer so gehandhabt. Ausgenommen bei den verschiedenen Wood Finishes reifte der Classic wie der Name schon sagt klassisch nur in dieser Virgin Oak-Fassart. Über das Alter weiss man offiziell nichts, Recherchen meinerseits ergaben allerdings, dass man Mischungen aus unterschiedlich alten Fässern macht (3-6 Jahre). Nicht gefärbt und ohne Kühlfilterung kostet dieser Single Malt Whisky etwas über 40 Euro (0,7 Liter) – und wurde somit die letzten Jahre günstiger.
Farblich gefällt der Bayer mit seiner leuchtend goldenen Farbe. Ich hatte ihn deutlich heller in Erinnerung, was sich wohl so erklärt, dass er damals bei meiner Verkostung effektiv nur drei Jahre alt war. Die 6-jährigen Fässer wirken sich positiv auf die Farbe aus. Die erste Nase versetzt mich sofort wieder zurück nach Schliersee – ins Warehouse. Typisch für deren Whiskys ist die leicht kräutrige, frische Eichenholznote. Die man mögen muss. Ich selbst bin kein Fan von einer Reifung in frischem Holz – vor allem nicht über viele Jahre. Der Impact dieser hölzernen Jungfräulichkeit auf den Spirit ist sehr stumpf für mich. Sehr oberflächlich wird der Whisky holzig, ohne die Eiche in der Tiefe zu haben. Zu lange in diesen Fässern reifen ist für mich nicht machbar, was die Tiefe unmöglich macht. Ich will jetzt nicht behaupten, die frische Holzfracht im Slyrs Classic ist störend. Aber sie ist dominant und lässt der süßen Vanille, die fast schon an Crème Brûlée erinnert wenig Platz sich zu entfalten. Ganz zart im Hintergrund blitzt immer mal wieder eine reife Frucht auf, die mich entfernt an Mirabellen und Aprikosen erinnert. Pauschal kann man den klassichen Slyrs als süß bezeichnen. Mit deutlicher Holznote, die einen Kräutereinschlag hat. Im Vergleich zum alten Classic empfinde ich den aktuellen in der Nase als runder, harmonischer und gesetzter. Zusammengefasst: besser! Prost!
Der Bayer im Geschmack
Sehr süß startet der Slyrs Classic auf der Zunge. Die Vanille ist allgegenwärtig. Hinzu gesellt sich aber sehr schnell eine deutliche Würzigkeit vom Fass, die bereits gerochenen Kräutern finden sich ebenfalls wieder. Die unterschwellige Fruchtnote kommt der gerochenen nahe. Fast schon überreife Mirabellen geben einen zarten Kontrast zur Süße und Würze. Auf der Zunge ist er nicht ganz so rund wie noch in der Nase, was wohl an den jüngeren Fässern liegt. Denn eine dezente Ungestümheit kann der Classic nicht verbergen. Besonders gefällt mir diese charmante Cremigkeit, die Süße. Was mich nicht wirklich begeistert ist die Gewürznote, die von jetzt auf gleich auf der Zunge präsent ist und wie aufgepinselt wirkt.
Abgang und Fazit zum Slyrs Classic
Der Abgang ist mittellang. Die frische Eiche macht den Mundraum etwas trocken. Am markantesten im Finish ist eine Fruchtigkeit, die mit einer pappigen Süße einher geht und mich an diese kleinen Kirsch-Lollies erinnert, die es früher beim Bäcker gab. Hinten raus klingen die Kräuter und das Holz mild aus.
Ich muss sagen, dass Slyrs die letzten Jahre nicht auf der faulen Haut lag und durch die älteren Fasskomponenten ihren Classic runder, harmonischer und komplexer gemacht hat. Für den Preis finde ich den Whisky absolut in Ordnung und ein guter Vertreter der deutschen Whiskykunst. Eine Sache stört mich an diesem Single Malt allerdings: die frische Eiche! Ich würde auf die Reifung darin gänzlich verzichten, alternativ nur ehemalige Bourbonfässern verwenden! Bei Bedarf kann man ja in der Verlängerung nochmal für eine zweite, kürzere Reifung in Virgin Oak umfüllen! Aber dies würde wohl dem markanten Slyrs-Charakter komplett entgegenwirken und einen ganz anderen Whisky zutage fördern. Für die Welt der Genießer, die den Abfüllungen aus Schliersee größtenteils kritisch gegenüberstehen wohl willkommen. Der Brennerei selbst aber eher nicht. Bin gespannt, wie sich die Whiskys zukünftig entwickeln. Auch preislich (12-jähriger).
Welche Erfahrungen habt Ihr mit den Abfüllungen von Slyrs gemacht?
Grüße
Pat