“Krieg und Frieden im Glas”
Thomas Lachrath
Faktencheck
Im Glas habe ich einen deutschen Whisky, dessen Herkunft geheim ist. Ein Secret German, könnte man sagen. Er reifte in vier verschiedenen Fasstypen: 5,5 Jahre im Ex-Bourbonfass, 1 Jahr im Kastaniefass, 1 Jahr in einem ehemaligen Laphroaig-Fass und ein halbes Jahr in einem Ex-Spätburgunderfass. Rechnet man die Jahre zusammen, dürfte es sich um einen 8 Jährigen deutschen Whisky handeln. Welche Brennerei ist schon so lange am Start? Es darf spekuliert werden. Zurück zum Projekt One. Er ist nicht gefärbt und nicht kühlgefiltert, die Farbe entspricht einem dunklen Bernstein und abgefüllt wurde er mit ordentlichen 57,8% Vol.
Das Nosing
In der Nase habe ich zunächst Tabak, Leder und Zedernholz. Salz-Lakritz kommt hinzu, ebenso eine leicht süße Note von Karamell und Vanille. Das ganze wird umspielt von dezent aschigem Rauch, der von etwas Klebstoff begleitet wird. Ein Kompott aus sehr reifen Früchten versucht sich in den Vordergrund zu schieben, der Rauch und das Lakritz behalten aber die Oberhand.
Im Mund und am Gaumen
Im Mund übernimmt sofort das Laphroaigfass das Regiment. Der Alkohol kämpft mit dem aschigen Rauch um die Vorherrschaft. Kräftig würziges Salz-Lakritz bildet die Linke Flanke. Rosinen, Karamell, Vanille, Pflaumen und Pfirsiche findet man an der rechten Flanke. Dunkle Chili-Schokolade bildet die Nachhut und sorgt nochmal für etwas Feuer. Was ein Spektakel und ein leicht trockenes Mundgefühl stellt sich ein.
Finish
Der Nachklang ist langanhaltenden und wird von einer kräftigen, dann abklingenden Schärfe dominiert. Schokolade, Espresso und würzige Eiche lassen den Whisky ausklingen.
Mit Wasser
Unter der Zugabe von Wasser wird er in der Nase deutlich milder und rote Beeren kommen zum Vorschein, Patex bleibt erhalten. Beim zweiten Dram mit Wasser habe ich sogar Nutella. Im Mund kommen nun milde Friedensangebote, auch hier süßliche rote Beeren, Kirschen, Röstaromen und erloschenes Lagerfeuer. Zu vorgerückter Stunde nehme ich auch noch flambierte Erdbeeren war.
Fazit
Ein ungestüm kräftiger Whisky, der alle Sinne anspricht und auch fordert. Will man ihn ergründen, sollte man sich viel Zeit für ihn nehmen. Das habe ich getan. Ich glaube, so lange habe ich mich noch mit keinem Whisky beschäftigt. Er ist aber auch sehr komplex. Mir gefällt er.
Die Brennerei-Frage
Nun aber wieder zurück zur Ausgangsfrage: Welche deutsche Destille könnte dahinter stecken? Es wird spekuliert, dass es ein Aureum der Brennerei Ziegler sein könnte. Hier kommen Kastanienfässer zum Einsatz, z.B. beim Grave Digger, und sie sind auch schon lange genug als Whisky-Brennerei aktiv.