Ich habe einen interessanten Artikel in der GQ gelesen, bei dem es um Trends im Bereich Whisky im neuen Jahr 2021 geht. Der Whisky-Kenner und Influencer Nathan Woodruff hat seine Prognosen für die Whisky-Trends verraten, die seiner Meinung nach 2021 die Oberhand gewinnen werden. Ich werde in diesem Beitrag ebenfalls darauf eingehen und meine Sichtweise auf das kommende Jahr kund tun.
Whisky-Trend #1: Altersangaben werden weniger wichtig sein als bisher
Ansicht von Nathan Woodruff:
“Ein hohes Alter bedeutet nicht unbedingt, dass ein Whisky besser ist. Und diese Vorstellung verebbt jetzt auch. Die Marken beginnen, sich auf die Qualität des Whiskys zu konzentrieren, noch bevor er in ein Fass kommt – alles, vom Holz des Fasses bis zur Maserung, kann bei der Herstellung eines wirklich köstlichen Whiskys eine Rolle spielen. Und natürlich gibt es auch das Blending.”
Meine Ansicht:
Grob teile ich die Ansicht von Nathan Woodruff. Alter ist beim Whisky nicht alles, denn dieser ist nur so gut wie das Fass, in dem er reifte. Taugt das Fass nichts, wird der Whisky auch nach Jahrzehnten nicht wirklich aussagekräftig sein. Ist das Fass allerdings klasse, kann so ein Whisky auch mal nach bereits 5 Jahren fantastisch sein! Blending spielt ebenfalls eine wichtige Rolle in der Whiskyindustrie und ist Kunst. Einen fertigen Whisky im Kopf zu haben und diesen mit verfügbaren Fässern verschiedenen Alters zu kreieren ist schwierig und bedarf einer Menge Know-How. In vielen Fällen geht aber meiner Meinung nach nichts über eine Altersangabe. Vorallem beim Single Grain Whisky müssen einige Jahre ins Land gehen, um dem relativ geschmacksneutralem Grain-New Make das gewisse Etwas zu verleihen.
Whisky-Trend #2: Der Aufstieg der Blends
Ansicht von Nathan Woodruff:
Woodruff glaubt, dass die beiden Punkte in einem Zusammenhang stehen und dass die prognostizierte Irrelevanz der Altersangabe in einen Boom von Blends übergehen wird. “Die Konzentration auf die Kunst des Mischens war noch nie so stark wie heute – und ein großer Master Blender wird für Marken noch wichtiger sein”, so Woodruff. “Einzigartige Mischungen werden nur noch wichtiger werden.”
Meine Ansicht:
Sehe ich nicht so. Weltweit werden deutlich mehr Blends als Single Malts gekauft und getrunken. Der Blended Whisky an sich ist schon seit Jahrzehnten das beliebteste Exportgut der Schotten. Single Malt Whisky gewann in den letzten Jahren zwar massiv an Bedeutung, wird aber niemals an den weltweiten Konsum der Blends heranreichen. Einen Boom bei Blends wird es meiner Meinung nach also nicht geben, da die Nachfrage soweiso seit vielen Jahren ungebrochen ist. Viel mehr glaube ich, dass im Bereich der Mixgetränke in Bars der Single Malt Whisky einen höheren Stellenwert einnehmen wird und möglicherweise den Gin als Szenegetränk ablöst. Im neuen Jahr wird beispielsweise Glenmorangie einen Whisky auf den Markt bringen, der ausschliesslich zum Mixen gedacht ist. Andere Brennereien haben bereits solche Abfüllungen im Programm.
Whisky-Trend #3: Erwarten Sie mehr Sondereditionen
Ansicht von Nathan Woodruff:
Woodruff vermutet, dass COVID-19 vor allem im kommenden Jahr zu einem Rückgang der Standards führen wird und stattdessen mehr Spezialitäten auf den Markt kommen werden. “Ich glaube, wir haben einige interessante limitierte Ausgaben, auf die wir uns freuen können.”
Meine Ansicht:
2020 war für mich das Jahr, in dem gefühlt die meisten schottischen Whiskys auf den Markt kamen – original abgefüllt und unabhängig abgefüllt. Der nahende Brexit wird mit Sicherheit Einfluss auf die zukünftigen Preise haben. Diese werden aber meiner Meinung nach im Bereich der Standards marginal sein. Deutliche Preisanstiege wird es definitiv bei Einzelfassabfüllungen und Limitierungen geben. Von daher denke ich, die Brennereien werden sowohl ihre Standard-Sortimente ausweiten, als auch im Bereich der Limitierungen Gas geben. Genau wie dieses Jahr.
Whisky-Trend #4: Kleinere Destillerien werden durch größere Konglomerate aufgekauft
Ansicht von Nathan Woodruff:
“Viele kleinere Brennereien haben geschlossen und werden von größeren Spirituosenkonglomeraten geschluckt”, vermutet Woodruff. “Viele von ihnen haben eine treue Fangemeinde, die sie normalerweise nicht aus dem Geschäft hätte gehen lassen, aber die Zeiten sind hart. Ich sehe, dass größere Unternehmen weiterhin viele kleinere Brennereien erwerben, die eine Finanzierung benötigen”, so Woodruff.
Meine Ansicht:
Sehe ich auch nicht so. Es gibt Whiskygeniesser. Und Whiskysammler. Aktuell ist ein Trend festzustellen. Sammler gehen weniger auf die Abfüllungen der Brennereien, die in den 1980er Jahren geschlossen wurden sondern eher auf die ersten Abfüllungen neuer, schottischer Brennereien wie beispielsweise Isle of Raasay, Nc’Nean, 1770 Glasgow, Ardnamurchan. Das Sammeln dieser Abfüllungen aus diesen neuen Brennereien hat den Vorteil, dass sie meist unter 100 Euro pro Flasche liegen und relativ schnell nach Erscheinen vergriffen sind, was zum Anstieg der Preise führt. Durch die raschen Abverkäufe generieren die Brennereien schnell gutes Geld, was sie überleben lässt. Auch in der aktuellen Zeit. Natürlich ist nicht auszuschliessen, dass die ein oder andere Destille von einem “Großen” geschluckt wird. Aber verallgemeinern wie Herr Woodruff würde ich das nicht.
Whisky-Trend #5: Menschen werden weniger in Bars trinken
Ansicht von Nathan Woodruff:
Zwar hat es definitiv einen Aufwärtstrend bei der Trinkgewohnheiten der Menschen gegeben, aber die Art und Weise, wie sie trinken, hat sich nach der Pandemie verändert. “Die Menschen entscheiden sich dafür, ihre Flaschen zu kaufen und mit nach Hause zu nehmen, anstatt an der Bar zu trinken – und das wird wahrscheinlich so weitergehen”, bemerkt Woodruff.
Meine Ansicht:
Sehe ich ebenfalls nicht so. Sobald die Pandemie vorbei bzw. kontrollierbar ist und die Gastronomie wieder öffnen kann, gehen die Leute raus. Auch in Bars. Denn es ist ein deutlich anderes Gefühl, seinen Drink (egal ob Whisky oder ähnliches) zuhause zu trinken oder auswärts! Den Menschen fällt die Decke auf den Kopf, sie wollen raus – und hier spreche ich auch von mir selbst. Das Barleben geht weiter. Und sobald dies der Fall ist, gehen die Menschen auch wieder dorthin.
Whisky-Trend #6: Kreatives Marketing und E-Commerce
Ansicht von Nathan Woodruff:
Als ehemaliger Markenbotschafter prophezeit Woodruff eine Veränderung dieser Rolle in einer Zukunft nach einer Pandemie – und mehr Fokus auf intelligentes Marketing. “Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt, um eine glaubwürdige Online-Persönlichkeit für Marken aufzubauen und das Online-Geschäft voranzutreiben.”
Meine Ansicht:
Sehe ich auch so. Allerdings darf der stationäre Fachhandel dabei nicht auf der Strecke bleiben. Wer online shoppt, bekommt keine persönliche Beratung, hat die Flasche nicht in der Hand und kann den Whisky nicht probieren! All’ dies ist stationär möglich und sollte jedem bewusst sein, der via Tastatur bestellt!
Whisky-Trend #7: Weniger bekannte Whisky-Regionen werden wichtiger
Ansicht von Nathan Woodruff:
Während es Whisky-Regionen gibt, die wir ohne mit der Wimper zu zucken benennen können – und sie werden weiterhin großartige Produkte anbieten – sieht Woodruff einige interessante Dinge aus Regionen unter dem Radar, wie Taiwan. “Dort gibt es einen großartigen Destillateur namens Kavalan, den ich letztes Jahr glücklicherweise besuchen durfte”, sagt Woodruff. “Leider ist ihr Master Blender gegangen, aber ich denke, dass er und viele andere jüngere Regionen auf der ganzen Welt immer noch sehr vielversprechend sind.”
Meine Ansicht:
100 % Zustimmung.
Whisky-Trend #8: Nicht-alkoholische Whiskys werden verschwinden
Ansicht von Nathan Woodruff:
Nicht-alkoholische Spirituosen sind seit 2019 groß – und der Trend hat auch vor Whiskys nicht halt gemacht – aber Woodruff glaubt nicht, dass er sich dauerhaft durchsetzen wird. “Ich habe auch einige probiert, aber obwohl es vielleicht mit Bier funktioniert, sehe ich nicht, dass es langfristig für die Whiskyindustrie funktioniert.”
Meine Ansicht:
Sehe ich genauso. Funktioniert beim alkoholfreien Bier und stellenweise auch beim alkoholfreien Gin. Aber Whisky ohne Alkohol ist sinnfrei.
Whisky-Trend #9: Europäische Ryes
Ansicht von Nathan Woodruff:
Rye-Whiskys mögen eng mit Kentucky und, historisch gesehen, mit Pennsylvania und Maryland in den USA verbunden sein, aber Woodruff findet, dass es jetzt auch aus Europa viele großartige Interpretationen gibt. “Es gibt einige unglaubliche Ryes, die gerade jetzt aus Europa kommen. Die Industrie boomt”, sagt er.
Meine Ansicht:
Ich mochte früher keinen Rye Whiskey und war da eher im Bereich Bourbon unterwegs. Das hat sich die letzten Jahr verändert, fast schon verlagert. Ich habe mehr Rye als Bourbon zuhause stehen – überwiegend aus Amerika. Und an diesen Whiskeys aus diesem Land wird auch kein Weg vorbei führen. Hier sehe ich es anders als beim Single Malt. Viele Länder wie Indien, Taiwan und Japan produzieren erstklassigen Single Malt, der es mit einigen Schotten aufnehmen kann. Auch der Rye Whiskey erlebt ein Revival. Aber hauptsächlich der amerikanische! Natürlich gibt es europäische Hersteller die solide Rye’s herstellen. Aber diese tun sich definitiv schwer gegen die Abfüllungen aus den USA, preislich wie qualitativ wenn man es allgemein betrachtet.
Whisky-Trend #10: Single-Malt-Cocktails
Ansicht von Nathan Woodruff:
Die puristischste Form, Whisky zu trinken, wird langsam verdrängt – und Woodruff findet das gut. “Als ehemaliger Mixologe liebe ich es absolut, wenn Single Malt in Cocktails verwendet wird. Es gibt eine Menge Snobismus darüber, wie die Leute denken, dass man Whisky trinken sollte, aber die Wahrheit ist, dass man ihn am besten so trinkt, wie man ihn mag. Ich bin froh, dass das endlich geschieht.”
Meine Ansicht:
Auf dieses Thema bin ich ja bereits weiter oben eingegangen.
Wie seht Ihr die von der GQ prophezeiten Trends?
Grüße,
Pat
Hier findet Ihr den ursprünglichen Artikel: Whisky-Trends 2021: So trinken wir im neuen Jahr | GQ Germany (gq-magazin.de)
Die verwendeten Zitate dienen nur zum Zweck der Vergleichbarkeit und wurden in diesem Beitrag 1 zu 1 aus dem Originalartikel übernommen und nicht verändert.